Das komplexe Feld der Entwicklungsbankenfinanzierung sollte mehr öffentliche Aufmerksamkeit erhalten. Nicht zuletzt, weil immer mehr private Finanzierungsquellen mit an Bord geholt werden.
Cui bono? Die ewige Frage nach den NutznießerInnen, die heute oft mit „Wer profitiert?“ übersetzt wird, stellt sich ganz besonders bei Finanzierungen durch Entwicklungsbanken. Schließlich zielt die Arbeit dieser Institutionen darauf ab, Armut zu bekämpfen und die Entwicklung des Privatsektors im globalen Süden zu fördern.
Die Österreichische Entwicklungsbank AG (OeEB) etwa wurde 2008 als staatliche Einrichtung zur Finanzierung von Projekten in Entwicklungsländern geschaffen.
Entwicklungsbanken (vgl. Infokasten) spielen eine wichtige Rolle in der Projektfinanzierung in Ländern, die von traditionellen Investoren als zu risikoreich gemieden werden.
„Es ist nicht die primäre Aufgabe von Investmentbanken, zu Armutsminderung und nachhaltiger Entwicklung beizutragen, dafür gibt es Entwicklungsbanken“, erläutert Annelies Vilim, Geschäftsführerin der AG Globale Verantwortung.
Der Dachverband mit Mitgliedsorganisationen sowohl aus dem Bereich der Entwicklungszusammenarbeit als auch aus der humanitären Hilfe hat „seit Jahren ein gutes Gesprächsklima“ mit der Österreichischen Entwicklungsbank (OeEB). Ihrem Mandat folgend beabsichtigt die OeEB einen Beitrag zur Umsetzung der SDGs zu leisten und ist den Zielen der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit verpflichtet. „Aber eine Bank ist eine Bank ist eine Bank, auch wenn bei der OeEB die Gewinnmaxime nicht dermaßen im Vordergrund steht“, so Vilim im Gespräch mit dem Südwind-Magazin. „Großprojekte von Entwicklungsbanken tragen nur dann zu Armutsreduktion und nachhaltiger Entwicklung bei, wenn schon im Vorfeld auf die Einhaltung hoher Sozial- und Umweltstandards Wert gelegt wird.“
Die Player
EU-Mitgliedsstaaten haben nationale Entwicklungsbanken, teilweise mit weitaus längeren Investmenterfahrungen als Österreich, wo die Entwicklungsbank AG (OeEB) 2008 startete. Deutschland stellt mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW, seit 1948) und ihrer Tochter der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH (DEG, seit 1962) gleich zwei gewichtige Spieler im Feld der Entwicklungsfinanzierung.
Überregional ist vor allem die Weltbank, die Europäische Investment Bank (EIB) und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) zu nennen. Relativ neu am Spielfeld ist die Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB, seit 2015) bei der u.a. auch Österreich im Aufsichtsrat Mitglied ist. Diese sieht sich selbst zwar nicht als Entwicklungsbank. Sie ist aber für den NGO-Dachverband AG Globale Verantwortung „ein Player, der genau zu beobachten ist, weil viele Investitionen direkte Auswirkungen auf Entwicklungsprojekte haben“. B. O.
Tiefgehende Risikoabschätzung, also „Due Diligence“, vor Ort gehöre bei der OeEB zum Standard, erläutert Sabine Gaber, seit 2018 im Vorstand der OeEB.
Bei einem Neugeschäft von rund 270 Mio. Euro im vergangenen Jahr verwaltet die OeEB derzeit ein Projektportfolio von rund 1,2 Mrd. Euro.
Weiters gebe es „immer wieder Evaluierungen von Projekten durch Dritte“ sowie einen „Ex-Post-Nachweis, ob Entwicklungen eingetreten sind“. Um den tatsächlichen Nutzen und andere wirtschaftliche, soziale und ökologische Auswirkungen von Investitionen beziffern zu können, hat die OeEB von der deutschen Entwicklungsbank DEG ein „Impact Assessment“-Werkzeug übernommen.
Vilim bestätigt, dass sich die OeEB „in den vergangenen Jahren viele Gedanken gemacht hat und Menschenrechte immer in ihrem Risikomanagement berücksichtigt“.
Mit gutem Gewissen also gezielt Gutes tun? Nicht ganz. Es bleibt der bittere Nachgeschmack des Sierra Leone/Addax-Projekts, das 2008 startete und in dem damals auch die OeEB investiert war.
Der Fall Sierra Leone. Es sollte ein Vorzeigeprojekt europäischer Entwicklungsinvestition werden, aber die Kredite an eine Bioethanol-Fabrik in der Region Makeni mussten nach schweren Vorwürfen, u.a. des Landraubs, zurückgezogen werden.
Längst haben sich alle europäischen Entwicklungsbanken distanziert. Aber laut der Webseite der NGO FIAN Österreich bestanden 2018 noch „die alten Pachtverträge“ mit dem Schweizer Unternehmen Addax BioEnergy bzw. deren Nachfolgefirmen (u.a. Sunbird). Dadurch sei „bis heute der Zugang zu Wasserquellen und Land massiv eingeschränkt, die Böden sind ausgelaugt, Jobs im Projekt gibt es nur noch wenige“.
Eine Kritikerin, die ungenannt bleiben will, „um keiner NGO das Leben zu erschweren“, bemängelt vor allem die wenig vorhandene Kommunikation von Entwicklungsbanken mit kritischen NGOs. Besonders schwierig sei „die oft stark verzweigte Struktur der Investitionen durch ausländische Geldgeber“.
Bei komplexen Fondsstrukturen, die von Investmentfirmen verwaltet werden, sei „vielfach den Menschen vor Ort nicht klar, an wen sie sich bei Problemen wenden können“.
Bei der OeEB verweist man auf die eigenen Kontaktmöglichkeiten plus „zusätzliche Ansprechpartner vor Ort“ bei Projekten mit einer höheren Risikoeinstufung.
Europäische Standards. Eine dieser komplexen und „wenig transparenten“ Fondsstrukturen sieht FIAN derzeit auch beim Africa Agriculture and Trade Investment Fund (AATIF). Gelder europäischer Entwicklungsbanken – inklusive der OeEB – werden über mehrere Intermediäre in Sambia investiert. Dort kommt es laut der NGO zu Verletzungen von ArbeiterInnenrechten und zum Einsatz gefährlicher Pestizide.
Die OeEB gibt an, Landraub-Vorwürfen in Zusammenhang mit diesem Fonds nachgegangen zu sein. Diese hätten sich aber nicht bestätigt. Es seien seither keine weiteren Hinweise oder Beschwerden eingegangen, so die OeEB-Pressestelle.
Handlungsbedarf bei bestehenden Fondsstrukturen sieht auch die Europäische Kommission. Der Europäische Fonds für Nachhaltige Entwicklung (EFSD) soll neu aufgestellt werden, um Investitionen europäischer Entwicklungsbanken, die gemeinsam mit institutionellen Investoren erfolgen, nachvollziehbarer zu gestalten. Darüber hinaus arbeiten die europäischen Entwicklungsbanken derzeit zum ersten Mal an gemeinsamen Standards.
Zu wenig Beachtung. Alle AkteurInnen im Bereich Entwicklungsfinanzierung sind sich einig, dass die Thematik in der Öffentlichkeit, aber auch in einschlägigen Kreisen, viel zu wenig Beachtung erhält. Immerhin sind es Steuergelder, die hier im Namen der Entwicklungszusammenarbeit investiert werden. Vermehrt werden auch andere Investorenkreise mit einbezogen.
„Entwicklungsbanken können anders denken,“ betont OeEB-Vorstandsmitglied Michael Wancata. Sie sind nicht an die gleichen Risiko-Rendite-Überlegungen gebunden wie andere Finanzinstitute. Durch eine Kooperation der Entwicklungsbank mit der Gutmann Privatbank können institutionelle Investoren wie Pensionskassen oder Vorsorgekassen gemeinsam mit der OeEB in ausgewählte Projekte investieren und von ihrer Expertise profitieren.
Besonderen Fokus legt die OeEB derzeit übrigens auf Least Developed Countries und hier insbesondere auf erneuerbare Energien. Dieser Schwerpunkt ergibt sich u.a. aus dem Umstand, dass sich Österreich Finanzierungen der Entwicklungsbank auf das eigene Emissionskonto anrechnen kann. Das ist Teil des COP15-Übereinkommens aus 2009.
Für KritikerInnen bleibt die Frage, ob mit neuen InvestmentpartnerInnen neue Begehrlichkeiten auftauchen. Es braucht gutes Monitoring, konkrete Verantwortliche und eine grundlegende Debatte über Profit vs. Nutzen in der Finanzbranche.
Barbara Ottawa ist freie Journalistin und lebt in Wien-Simmering.
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